„Es ist, als ob es überhaupt nichts Schönes mehr gibt. Nichts, worüber man sich freuen oder lachen kann.„
Lieblingszitat aus „Als Mama nur noch traurig war“ von Anja Möbest und Barbara Korthues
unbezahlte Werbung/Buch selbst gekauft
Tief einatmen, tief ausatmen. Dies wird wohl die bislang persönlichste Buchrezension, denn das Bilderbuch „Als Mama nur noch traurig war“ habe ich uns zu einer Zeit angeschafft, als ich nicht wusste, wie ich es meinen Kindern erklären soll. Zu einer Zeit, als ich selber nur noch traurig war. Beim ersten Mal, als ich es der Lütten vorlas, flossen Tränen. So nah fühlte ich mich der Hauptprotagonistin. So sehr erkannte ich mich in dem Beschriebenen wieder.
Mittlerweile kann ich es vorlesen, ohne dass die Tränen kommen. Ich bin nicht mehr jeden Tag traurig, nur noch manchmal. Denn ich habe mir Hilfe geholt, bin in ärztlicher Behandlung und beginne bald eine Therapie. Es geht wieder aufwärts. Zwischendurch auch wieder etwas nach unten. Aber immerhin kann ich schon wieder über lustige Dinge lachen. Echte Freude empfinden. Es geht langsam voran.
Offen über Depressionen reden
Der für mich wichtigste Schritt: Ich habe angefangen, über meine depressive Erkrankung zu reden. Erst mit meinem Mann, mit meinen Kindern, dann mit der Familie, mit netten Kollegen, nun Stück für Stück mit Freunden und Bekannten. Das Reden hilft. Auch, wenn ich am Anfang große Angst vor den Reaktionen hatte, die dann viel verständnisvoller ausfielen als ich es mir ausgemalt hatte. Es fällt nicht immer leicht. Ich kann nicht mit jedem darüber sprechen. Selbst manchmal mit engen Freunden nicht. Aber jedes Mal, wenn ich mich geöffnet habe, geht es mir danach ein bisschen besser.
Ein lieber Kollege sagte mir: „Irgendwann redet man darüber wie über einen Schnupfen.“ Und ja, das sollte man tatsächlich. Denn es wird immer noch viel zu wenig offen über Depressionen gesprochen. Dabei kann diese Krankheit wirklich jeden Menschen treffen – auch Menschen, die sonst nach außen hin mit einem sonnigen Gemüt durchs Leben gehen, können depressiv sein oder werden. Man sieht es ihnen nicht immer an der Nasenspitze an.
Ein Name für die Krankheit im Kopf
Traurigkeit und Melancholie ziehen sich schon seit meiner Kindheit durch mein Leben. Es gab immer mal wieder traurige Episoden. Als die Gedanken aber immer schwärzer wurden, kam ich an den Punkt, an dem ich merkte, dass ich es alleine nicht schaffen werde, an dem ich mir eingestehen musste, dass ich Hilfe brauche.
Ich wusste einfach nicht mehr weiter. Wie erklärt man seinen Kindern, wenn man aus heiterem Himmel anfängt zu weinen, wenn man sich bei schönstem Wetter im dunklen Schlafzimmer verkriecht? Wenn man nicht mehr die Kraft hat, mit ihnen zu spielen? Das Buch „Als Mama nur noch traurig war“ hat mir dabei geholfen, meine Depression für die Kinder verständlich zu machen. Wir nennen es gerne „schwarzer Hund“, in dem Büchlein sind es die Grummelgrame, kleine Monster, die Jans Mama beschimpfen, sie vergesslich machen und sie alles Schöne durch eine graue, hässliche Brille sehen lassen.
Mama ist anders
Jans Mama ist anders, „irgendwie verkehrt“, findet Jan. „Gar nicht mehr wie Mama.“ Sie hört ihm nicht richtig zu, wenn er ihr von seinem Tag erzählt. Sie ist zu müde, um ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Sie regt sich über Kleinigkeiten auf und ist dauernd traurig. Jan versteht die Welt nicht mehr. Er fragt sich, ob es seine Schuld ist. Und ob es Mama wieder besser gehen würde, wenn er immer artig und ordentlich wäre.
In der Tat ist es wichtig, den Kindern zu erklären, dass sie keinerlei Schuld trifft. Schuld hat niemand! Und, was noch viel bedeutsamer ist: Sie müssen wissen, dass man sich kümmert und sich Hilfe sucht. Doch viele Betroffene schaffen es nicht aus eigener Kraft zum Arzt zu gehen, geschweige denn zu einem „Seelenklempner“.
Zu solch einem Klempner für löchrige Seelen nimmt seine Mama Jan eines Tages mit. Herr Ritter, der wie der Fünfjährige enttäuscht feststellt, gar kein echter Ritter ist, hat einen Zauberspruch gegen die Grummelgrame gefunden: Alles was seine Mama gut kann und an sich mag. Ganz so einfach ist es außerhalb der Bilderbuchwelt leider nicht. Aber wieder mehr Farbe und Freude in sein Leben zu bringen, ist schon mal ein guter Ansatz. Und so malen Jan und sein Papa viele bunte Bilder, um Mamas Grummelgrame zu verjagen.
Eine einfühlsame Erklärung
Offen mit den Kindern über Depressionen sprechen – ich wünsche mir, dass jeder Betroffene diesen Mut findet. Denn die Kinder spüren, dass es Mama oder Papa nicht gut geht. Sie haben feine Antennen und lassen sich von einem aufgesetzten Lächeln nicht täuschen. Dieses Buch ist eine große Unterstützung für Familien, in denen ein Elternteil unter Depressionen leidet.
Einfühlsam wird erklärt, wie es dazu kommen kann, wie man mit den Grummelgramen am besten umgeht. Hilfreich fand ich auch das Nachwort von Diplom-Psychologin Ina Knocks, wie man Kinder in dieser schweren Situation stärken kann: „Denn ein positive, zugewandtes, liebevolles und unterstützendes Miteinander innerhalb der Familie stärkt Sie alle für diese Zeit – Ihr Kind ebenso wie Sie.“ Ein Satz, den ich genauso unterschreiben möchte.
Unser Fazit:
Wertvolles Bilderbuch, das Halt gibt und aufklärt, wenn ein Elternteil an Depression erkrankt. Uns hat es in einer schweren Zeit sehr geholfen.
Buch-Infos:
Als Mama nur noch traurig war
Du kannst das Buch über diesen Link bei genialokal bestellen und damit den lokalen Buchhandel unterstützen.
Titel: Als Mama nur noch traurig war
Text: Anja Möbest
Illustrationen: Barbara Korthues
Erschienen im Coppenrath Verlag
gebunden, 32 Seiten
Empfohlenes Lesealter: ab 4 Jahren
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 978-3649620211